Guten Tag,
nun geht er, der Gerhard Cromme, zumindest als Vorsitzender der Regierungskommission für gute Unternehmensführung und –kontrolle.
Diese als zahnloser Tiger bekannte Corporate Governance Kommission veröffentlichte seit ihrer Einberufung durch Gerhard Schröder im September 2001 zwar bereits rund 100 Empfehlungen und Anregungen, doch der größte Schwachpunkt ist und bleibt, dass sie keine bindenden Vorschriften machen kann. Die Unternehmen müssen lediglich mitteilen, welche der Empfehlungen sie ignorieren.
Dass sie selbst ohnedies nicht gut als Vorbilder für gute Unternehmensführung taugen, zeigten die Mitglieder der lustigen Runde selbst von Beginn an. Rolf E. Breuer zum Beispiel, der Leo Kirchs Bonität öffentlich anzweifelte – das ist für einen Banker ein dickes Ding. Oder Wendelin Wiedeking: Der weigert sich beharrlich, sein eigenes Gehalt aufzudecken. Kommissionsvorsitzender Cromme selbst war vom Vorstandsvorsitz von Thyssen-Krupp direkt zum Aufsichtsratsvorsitzenden gewechselt. Auch er verstößt damit fröhlich gegen eines der Prinzipien, die die Regierungskommission aufgestellt hat. Crommes schlapper Begründungsversuch: Die Empfehlung sei ja erst kurz danach erfolgt.
Bevor er das Zepter der Corporate Governance Kommission an Klaus-Peter Müller von der Commerzbank übergibt, der übrigens im Mai 2008 die gleiche Empfehlung unzweifelhaft nach ihrer Veröffentlichung mit Füßen trat, greift Cromme noch einmal publikumswirksam das Thema "Variable Gehälter" auf.
Um zu verhindern, dass Vorstände kurzfristig Geschäftsergebnisse frisieren, üppige Boni kassieren und negative Langfrist-Effekte billigend in Kauf nähmen, sollten Teile der variablen Vergütung einfach erst einmal nicht ausgezahlt werden. "So könnte man der Kritik von Aktionären begegnen, die zu Recht monieren, dass sich in manchen Unternehmen die Ergebnissituation kurz nach Auszahlung der langfristigen Vergütungskomponente deutlich verschlechtert", sagt Cromme.
Auch wenn die Richtung des Vorschlags unseres Erachtens stimmt, mangelt es an Transparenz und Systematik. Es gibt sicher bessere Lösungen, als die Entscheidung hierüber in die Hände der Aufsichtsräte zu legen. Zum Beispiel, die langfristigen Vergütungskomponenten wirklich so zu gestalten, dass sie diesen Namen verdienen.
Wir empfehlen der Kommission, die folgenden Prinzipien auszusprechen:
1. Der variablen Vergütung von Vorständen ist die Entwicklung ausgewählter Kennziffern zugrunde zu legen, welche die langfristige Ertragskraft und Wertentwicklung des Unternehmens über einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren widerspiegeln. Dies wird maßgeblich dazu beitragen, willkürlich anmutende Aufsichtsrats-Beschlüsse durch ein transparentes, nachvollziehbares und zielkongruentes System zu ersetzen.
2. Wir empfehlen zudem, die am Geschäftsergebnis orientierte variable Vergütung von Vorständen rollierend zu gestalten. Vorstände könnten etwa im ersten Jahr ihrer Tätigkeit mit 30 Prozent beteiligt sein, im zweiten mit 60 Prozent und erst im dritten Jahr mit dem vollen, für das Unternehmensergebnis vereinbarten Betrag der variablen Vergütung. Analog dazu erhalten ausscheidende Top-Manager im ersten Jahr nach dem Ausscheiden 70 Prozent und im zweiten noch 40 Prozent.
Wir halten nichts von der Forderung der Kommission, dass künftig der gesamte Aufsichtsrat über die Höhe der Managementvergütung beraten soll. Dieser Versuch, gegenüber der Öffentlichkeit möglicherweise kritische Einzelfall-Entscheidungen auf möglichst viele Schultern zu verteilen, zeugt unseres Erachtens von Hilflosigkeit. Mit der Verlagerung der Entscheidung in ein mitunter 20-köpfiges Gremium droht eher noch eine Verringerung des individuellen Verantwortungsbewusstseins jedes einzelnen Entscheiders, da sich dieser hinter einer größeren Gruppe verstecken kann.
Gute Unternehmensführung und -kontrolle kann nicht darauf abzielen, Aufsichtsratsmitgliedern für kaum begründbare Entscheidungen Schutz in einer möglichst großen Masse zu bieten.
Unsere Empfehlung zielt darauf, eine klare und nachvollziehbare Systematik zu etablieren, zu kommunizieren und zu realisieren. Die hierfür nötigen Vorschläge haben wir auf den Tisch gelegt.
Mit gutem Gruß
Gunther Wolf
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen